Kunst ... im bis 2020 bestehenden DGB Haus Schwanthalerstraße 64, München
Dokumentation
des ver.di Kulturforums


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Das erste Domizil der Münchner Münchner Gewerkschaften in der Pestalozzistraße (Eröffnung im Oktober 1912) war mit Paris und Hamburg eines der ersten Gewerkschaftshäuser in Europa.

1933 wurde es von den Nazis besetzt und im Zweiten Weltkrieg so stark zerstört, dass ein Wiederaufbau nicht sinnvoll erschien.

Deshalb hatten die Münchner Gewerkschaften und ihre bayerischen Vorstände nach 1945 Gewerkschaften mehrere Zwischenquartiere, bis in den 50er Jahren das Haus Schwanthalerstraße 64 erbaut wurde.

Anfang der 50er Jahre wurden die bayerischen Gewerkschaftsimmobilien, die die Münchner und bayerischen Gewerkschafter/innen seit 1918 erworben hatten (und die Immobilien, die nach 45 als Wiedergutmachung an sie übertragen wurden) zu treuen Händen an die Vermögens- und Treuhandgesellschaft (VTG) des DGB (Bundesvorstandes) übertragen.

Viele dieser an die VTG übertragenen DGB-Immobilien wie auch das Münchner Gewerkschaftshaus wurden inzwischen vom DGB verkauft. Auch bezüglich des das Münchner Gewerkschaftshauses haben sich die Besitzverhältnisse geändert. Es gehört inzwischen der Gesellschaft M64, dessen Mehrheitseigner eine Tochtergesellschaft der Bundes-IG Metall ist.


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Bild: © GHP Architekten / HHVISION
Fotos oben: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung und des ver.di Kulturforums Bayern Links oben: Haus Pestalozzistraße
(bis Übernahme durch die Nazis 1933 und die kriegsbedingte zerstörung)
Links unten: Haus Schwanthalerstraße (bis Ende 2020)  
Bild oben: so soll laut M64 das neue Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße 64 aussehen.

 

 

 

 

Karl Trumpfs Porträtstele von Hans Böckler im Empfangsbereich des Gewerkschaftshauses Schwanthalerstraße

 

Foto: Werner Bachmaier


 

Karl Trumpf (1891-1959): Porträtstele Hans Böckler
(Bronze, Entstehungszeit: 1950er-Jahre)
 
Der Berliner Bildhauer Karl Trumpf schuf seit den 1920er- Jahren figürliche Plastiken für den öffentlichen Raum. Nach 1945 gestaltete er vor allem Bronzeporträts von Politikern aus der Weimarer Republik und von Persönlichkeiten aus der Gewerkschaftsgeschichte.
 
Dazu gehörten Carl Legien (1861 bis 1920; ADGB- Vorsitzender und Initiator des Generalstreiks gegen den rechten Kapp-Putsch) und Hans Böckler (1875 bis 1951; nach 1949 in der Bundesrepublik Deutschland der erste Vorsitzende des DGB). Vom Böckler-Porträt gibt es mehrere Abgüsse, sie finden sich vor allem in verschiedenen Einrichtungen des DGB. Am prominentesten öffentlich platziert ist eine der Stelen im – nach dem Gewerkschafter benannten – Böcklerpark in Berlin-Kreuzberg.

 

Das Fresko auf der Außenseite des Ludwig Koch Saals.
Thema: Freizeit!

Heute ist es verdeckt durch das Kupferdach!






 

 

 

Foto: Sepp Rauch



 

 

 

 

 

 

 

 

 


Ernst Oberles Bild "Großstadtgetriebe", das im Besitz der Münchner Stadtverwaltung ist.

 

 

 





 

Ernst Oberle, (1919-1996): Fresko
(heute ist das Fresko unter dem Kupferdach des Ludwig Koch-Saals versteckt)

Oberle absolvierte zunächst eine Ausbildung als Kirchenmaler, Restaurator und Vergolder. 1942 begann er ein Kunststudium bei Professor Luis Gruber. Dieses musste er jedoch abbrechen, da er zur Luftwaffe eingezogen wurde. Im Krieg schwer verletzt, konnte er aufgrund des Verlustes eines Auges nach 1945 nicht mehr als Kirchenrestaurator weiterarbeiten.


Er begann Porträts und Stadtlandschaften zu malen und hatte erste Erfolge als Wandmaler und Ausstellungsgestalter. Zahlreiche Einzel- und Kollektivausstellungen folgen in den nächsten Jahren ebenso wie diverse Preise und Auszeichnungen (u.a. Seerosenpreis der Stadt München, Leonhard-Mahlein-Medaille der IG Medien).

 

Ernst Oberle war Gründungsmitglied im „Schutzverband Bildender Künstler“, ab 1973 dessen Vorsitzender und Mitglied im Zentralvorstand der Gewerkschaft Kunst. 1989 unterzeichnete er für den „Schutzverband“ die Beitrittserklärung zur neuen IG Medien. Während er die Betrittsverhandlungen führte, wurde sein kubistisches Fresko auf der Außenfassade des Münchner DGB-Hauses teilweise zerstört und der Rest unter dem „Eberleinschen Kirchendachl“ des Ludwig Koch-Saals versteckt.

 

Es wurde damit zum stark beschädigten KryptoKunstwerk.

 

Skulptur von Fritz Koelle

im Garten des Gewerkschaftshauses

 

 

 

 

Diese Plastik wurde von den bayerischen Gewerkschaften für den Lichthof des alten Gewerkschaftshauses in der Pestalozzistraße bestellt.

 

Die Skulptur wurde vor Besetzung des Hauses nicht mehr ausgeliefert, sonst wäre sie vermutlich - wie die Eisner-gedenktafel - von den Nazis zerstört worden.

Sie stand während der Zeit des Faschismus auf dem Hof der Gießerei im Münchner Norden.

Nach 1945 wurde sie dann an die Gewerkschaften übergeben.

 

Vor einigen Jahren wurde sie durch einen Einpark-Unfall eines Lieferanten beschädigt und von den Nachfolgern der damaligen Gießerei restauriert.

 

Diese Skulptur ist das einzig bekannte Stück, das an das erste Münchner Gewerkschaftshaus erinnert.  

 

 

 

 

 

 

Foto: Werner Bachmaier



Fritz Koelle (1895-1953): „Hockender Bergmann“
(1929, Bronze)
 
Der in Augsburg geborene Künstler erlernte nach einer Spenglerlehre den Goldschmiedeberuf. Ab 1916 unter­nahm er erste Bildhauerarbeiten. Von 1917 bis 1923 studierte er an der Kunstakademie in München. Im Anschluss daran wendete sich Koelle zunehmend Themen aus der Arbeitswelt zu und fand mit seinen großen Ar­beiterplastiken viel Anerkennung. 1929 schlug ihn der berühmte Maler Max Liebermann für eine Professur in Berlin vor.
 
Auch in Bayern wurde ihm eine Professur in Aussicht gestellt. All dies wurde jedoch durch die Machtübernahme der Nazis zerschlagen. Koelles Arbeiterdarstellung „Blockwalzer“ am Melusinenplatz in München wurde 1933 als „abschreckendes Beispiel bolschewistischer Kunstauffassung“ demontiert und der Künstler 1934 mit KZ-Haft bedroht. Koelle konnte zwar während der NS-Zeit ausstellen und erhielt auch Auftragsarbeiten, sein Atelier wurde aber regelmäßig von der Geheimen Staatspolizei kontrolliert. Zu Koelles bedeutendsten Werken nach der Befreiung vom Faschismus gehört die 1947 entstandene Figur „KZ-Häftling“ am Krematorium in der Gedenkstätte Dachau.
 
Vom „hockenden Bergmann“, gibt es verschiedene Varianten – unter anderem jene von 1929, die vor dem Betriebsrestaurants Salettl im Garten des DGB- Hauses staufgestellt wurde.

Steinrelief von Karl Röhrig
im Hof vor Haus B

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Sepp Rauch


Karl Röhrig, (1886-1972): „Arbeit der Hand“
(Steinrelief, 1957/1958) im Hof vor Haus B

 
Das Werk entstand als Teil einer Auftragsarbeit für das neue Gewerkschaftshaus in München. Lange hing es dort im Foyer neben seinem Pendant, dem gleich großen Relief „Arbeit des Geistes“. Eigentlich waren die beiden Tafeln dazu gedacht, gemeinsam und einander ergänzend betrachtet zu werden.
 
Der Künstler stellte im zweiten Relief den Weg von harter körperlicher Tätigkeit hin zu neuen Technologien dar, versinnbildlicht durch die Silhouette einer „Fabrik der Zukunft“ und die ins Bild eingearbeitete Einstein’sche Energieformel E=mc2. Karl Röhrig, geboren im thüringischen Eisleben, studierte vor und nach dem Ersten Weltkrieg in München an der Kunstakademie und arbeitete nach 1926 als freier Künstler.
 
In seinen bildnerischen und bildhauerischen Werken engagierte er sich zunehmend für die Arbeiterbewegung und gegen den heraufziehenden Faschismus.
 
Nach 1933 musste er sich wegen Arbeitsverbots und weiterer Bedrohungen durch die NS-Machthaber mit kunstgewerblichen Tätigkeiten durchschlagen. Auch nach 1945 hatte er es als realistischer Künstler schwer – die Reliefs für das DGB-Haus gehörten zu seinen wenigen größeren Auftragsarbeiten.

 

Das Heinzinger-Gemälde am Ende des langen Flures zwischen Haus A und Haus B

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Sepp Rauch

 

 

 

 

 



Albert Heinzinger (1911-1992): „Voran auf neuen Gleisen“
 
Der in Kempten/Allgäu geborene Heinziger absolvierte zunächst eine Lehre als Chemiegraph, an die ein Studium der Grafik bei Prof. Herterich in München anschloss.
 
Vor der NS-Machtübernahme 1933 engagierte sich Heinzinger in der Gewerkschaftsjugend und der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) und beteiligte sich danach an Widerstandsaktionen. Von 1938 bis 1941 inhaftierten ihn die Nazis in zunächst in einem Zuchthaus und dann im KZ Papenburger Moor. Seine Zulassung zur Kunstakademie wurde wegen „Wehrunwürdigkeit“ abgelehnt. 1946/47 nahm er ein Studium bei Prof. Schinnerer an der Münchner Akademie auf.

Heinziger war Gründungsmitglied des Schutzverbandes Bildender Künstler in München und einer seiner profiliertesten Vertreter. Als langjähriger Vorsitzender und Motor des Schutzverbandes wirkte er für die Rechte und den sozialen Schutz der Bildenden Künstler und deren Organisation innerhalb des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Das Bild  „Voran auf neuen Gleisen“ kennen alle, die vom Haupteingang des Hauses (A) zu den Häusern B und C gehen. Gemeinsam wird an einem Aufbruch in eine neue bessere Zeit gearbeitet.

 

2007:
Graffitikunst an der Tiefgarage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Sepp Rauch

 



Die Gewerkschaftsjugend organisiert eine Kunstaktion Münchner Graffitikünstler.
 
Die Mauer zum Nachbargrundstück neben der Auffahrt zum Parkplatz und auf die Fassade der Tiefgarage wurde nach Zustimmung aller Mieter an einem Wochenende besprüht.
 
Die Graffitikunst wurde leider im Rahmen von Sanierungsarbeiten entfernt und übertüncht.

Bronzefigur im Jugendgarten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Sepp Rauch

 



Die Bronzefigur im Jugendgarten


Die Bronzefigur ist das letzte Kunstwerk im Münchner DGB Haus, bei dem noch nicht festgestellt werden konnte, wer es geschaffen hat und wann es gegossen wurde.
 
Wer zur Bronzeskulptur Hinweise liefern kann, melde sich bitte bei Sepp Rauch (Mailadresse siehe Kontakt / Mail).
 

Die Bronzeplatte im ersten Münchner Gewerkschaftshaus

(Pestalozzistraße)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Foto dieser Gedenktafel hängt im Ludwig-Koch-Saal des Münchner Gewerkschaftshauses







































 





Kurt Eisner-Gedenkplatte

Karl Roth

 

Diese Gedenkplatte hing bis zur Besetzung des alten Gewerkschaftshauses (Pestalozzistraße) durch die Nazis in dessen Lichthof. Unmittelbar nach der Besetzung wurde sie von den Besetzern von der Wand gerissen und zerstört.


Die Mieterversammlung des Gewerkschaftshauses (Schwanthalerstraße) hat 2015 beschlossen, im Saal des DGB Hauses eine Fotografie der von den Nazis im alten Münchner Gewerkschaftshaus zerstörte Kurt-Eisner-Gedenkplatte mit kurzem Begleittext im Ludwig-Koch- Saal zu hängen.

Ein Schwarz-Weiß-Foto dieser Bronze-Eisner-Gedenkplatte hing bis in die 90er Jahre hinein im Sitzungsraum 289 des DGB Hauses München (wo monatlich der DGB Kreisvorstand tagte). Sie verschwand plötzlich.

Anlässlich einer Kunstausstellung des ver.di Kulturforums Bayern im November 2014 wurde sowohl das Foto dieser Gedenkplatte wie das der feierlichen Enthüllung im alten Gewerkschaftshaus in einem Archiv gesucht/gefunden. Bei der Bearbeitung des Fotos wurde das Zeichen des Künstlers entdeckt, der sie entworfen hat: Carl Roth. Er war einer der Münchner Künstler der Revolution 1918.

 

Nachdem entdeckt war, wer die Gedenkplatte gestaltet hatte, konnte Kontakt zum Sohn des Medailleurs Karl Roth aufgenommen werden. Er hat uns einige Dokumente zur Geschichte dieser Bronze-Gedenkplatte übermittelt. Sie sieht folgendermaßen aus:

 

Am 21. Februar wurde Kurt Eisner auf dem Weg zum Landtag vom rechtsradikalen Adeligen Anton Graf von Arco auf Valley in der heutigen Kardinal-Faulhaber-Straße durch zwei Kopfschüsse von hinten ermordet.
Der Ministerrat des Kabinetts Hoffmann hat am 29. März 1919 auf Vortrag des Staatsministers Hans Unterleitner 3.600 Mark für die Anbringung einer künstlerisch ausgeführten Gedenktafel am Ministerium des Äußeren beschlossen. Die Tafel sollte an der Stelle angebracht werden, an der der Ministerpräsident und Außenminister Eisner ermordet wurde.

Der junge Künstler und Medailleur Karl Roth wurde mit der Ausführung beauftragt. Nachdem die Freikorps und die Weißen Garden München besetzt hatten, ließ der bayerische Ministerrat den Guss der Tafel Bronzetafel und deren Anbringung wegen der veränderten politischen Situation "einschlafen".

 

Weil der Entwurf der Tafel fertig und bezahlt war, suchten Unterleitner, Fechenbach (Vorgängerorganisation ver.di) und Heide (Vorgängerorganisation IGM) eine Alternativlösung.


Das Ergebnis: Die Münchner Gewerkschaften beschlossen, das gezeigte Bronzerelief nach Entwurf des Medailleurs Karl Roth, aber mit verändertem Text in ihr Haus holen.

Nach dem von Karl Roth gestalteten Modell wurde die Tafel in Vorbereitung des Gusses vom Kunstgipsformator Hans Zöller in der Briennerstraße eine Gips-Negativ- und ein Positivmodel erstellt (Kosten 170 Mark - Rechnung liegt in Kopie vor).

Der Vorsitzende des Münchner Metallarbeiterverbands Heide beauftragte den Guss handschriftlich (Schreiben liegt als Kopie vor). Der Bronzeguss erfolgte dann in der Kunstgießerei J.Mayr und M.Oberndorfer am Gollierplatz 8.  Kollegen des Metallarbeiterverbands halfen beim Guss. Die Rechnung der Gießerei in Höhe von 4544 Mark ging an den Deutschen Metallarbeiterverband München.
 
Das Relief wurde am 22.2.1920 in der Tonhalle (Türkenstraße) öffentlich vorgestellt. Schiefer, Eisners Tochter, Unterleitner, Keil, Heide u.a. enthüllen sie am 7.11.1920 im Hof des alten Gewerkschaftshauses in der Pestalozzistraße (Bild rechts).


Texte: Ernst Antoni und Sepp Rauch