Virtuelle Ausstellung


Revolution ist nicht Demokratie!

Die bayerische 1918 ist aber ein
entscheidender Schritt dorthin!

 
     Ausstellungskabinett 
   
Nürnberg
im Januar 1918









Wie kommte es zur Revolution
und zur Demokratie?


Die Friedensstreiks als "Generalprobe"
10 Monate vor der Revolution ...
 
Am 31. Januar 1918 treten Münchner Frauen und Männer von der Rüstungsfirma Krupp für Frieden in den Streik und marschieren zum "Schwabinger Bräu". Dort spricht Kurt Eisner.

Arbeiter/innen aus anderen Betrieben schließen sich an. Etwa 2.000 Streikende ziehen zu anderen "Rüstungsbetrieben". Die Streikenden nehmen eine von Kurt Eisner verfasste "Resolution" einstimmig an (siehe rechts).
 
Am Abend findet im "Mathäserbräusaal" eine Versammlung der Arbeiter/innen der "Bayerischen Flugzeugwerke AG" statt, bei der der SPD-Abgeordnete Erhard Auer spricht und "wilde Streiks" als "zwecklos und sinnwidrig" bezeichnet. Die Versammlung nimmt einen erregten Verlauf und muss wegen des "großen Lärms" zunächst beendet werden. Sie wird aber von den "Unabhängigen
Sozialdemokraten" umgehend wieder einberufen und eröffnet.
 
Als Redner treten Kurt Eisner und Sarah Sonja Lerch auf. Am Schluss wird auch der am Vormittag in der "Schwabinger Brauerei" gefasste Beschluss angenommen.
 
Kurt Eisner schrieb später: "Die revolutionärste Revolution, das war doch die vom 31. Januar. Damals stand Deutschland auf dem Gipfel seiner militärischen Macht, und wenn es uns damals gelungen wäre, die Massen aufzuregen und aufzurütteln zu jener Volksbewegung, wie sie uns damals schon vorschwebte, dann hätten wir noch einen Frieden haben können, in dem wir nicht auf Gnade und Ungnade dem Gegner ausgeliefert gewesen wären".

 
Chronologie vom Januar 1918
bis zur Revolution in Bayern


1. Februar 1918:
8.000 Münchner Arbeiter treten in den "Streik" und fordern "sofortige Friedensverhandlungen ohne annexionistische Ziele".
Kurt Eisner, der die Streikinitiative leitet, wird verhaftet.
Ebenso Sarah Sonja Lerch, Albert Winkler, Hans Unterleitner sowie Emilie und Betty Landauer und andere.
 
2. Februar 1918:
Auf der Theresienwiese treffen sich 6.000 Streikende. Auch am
3. Februar streiken nochmals 2.500 bis 3.000 Arbeiter/innen.
 
Eisner bleibt bis 14.10.1918 in Haft.
 
Er wird kurz vor der Reichtagswahl entlassen, "damit er als Kandidat Wahlkampf machen kann". Kaum entlassen, beginnt er wieder seine Arbeit gegen den bestialischen Krieg.

Seine engste Mitstreiterin Sarah Sonja Lerch wird am 29.3.1918 unter mysteriösen Umständen erhängt in einer Isolationszelle der Haftanstalt Stadelheim aufgefunden. Sie erlebt die Revolution nicht mehr.
Frauen und Männer der Friedensstreiks
in München
im Januar 1918

































  Friedensstreiks während des Ersten Weltkriegs
  
 
1914 bis 1918
Erster Weltkrieg!

Am 1. August 1914 erklärt Deutschland Rußland den Krieg.

Am 11. November 1918 wird derWaffenstillstand
von Compiègne unterzeichnet.
 
 


Der verbrecherische Krieg bringt Tod, Elend und Hunger:
Zu Hause und an den Fronten! 
Im Ersten Weltkrieg gibt es je nach Datenquelle zwischen ...      

           ... 9,4 u. 9,7 Mio. tote Soldaten (insgesamt),      
           ... 6,9 u. 8,9 Mio. tote Zivilisten (insgesamt),      
           ... 16,1 u. 21,2 Mio. verletzte/traumat. Sold. (insg.)  
.
.
davon 2,037 Mio. deut. Soldaten
davon 0,760 Mio. deut. Zivilisten
davon zw. 2,7 u. 4,2 v/t d. Sold.  
   
Bild oben: Heinrich Ehmsen
(Eremitage  St. Petersburg)
 
Bild oben: Heinrich Ehmsen
(Eremitage  St. Petersburg)
In München, Fürth, Nürnberg, Augsburg, Schweinfurt und anderen Städten Bayerns gehen etwa 100.000 Arbeiter/innen für das Ende des Krieges auf die Straße!     
Kurt Eisner,
Sarah Sonja Lerch,
und viele andere Streikorganisator/innen dieser Januarstreiks 1918 werden inhaftiert.

Sarah Sonja Lerch
wird am 29. März 1918 erhängt in der Gefängniszelle aufgefunden.
Ihr Tod wird nie gerichtlich untersucht.
 

Die Gefängniszellen von Kurt Eisner und den anderen wg. der Jannuarstreiks in München Eingekerkerten sind ähnlich wie die Zelle von Sarah Sonja Lerch.
Skizze der Gefängniszelle
Nummer 36
Sarah Sonja Lerchs in München Stadlheim.

2 mal 4 Meter
hat die Inhaftierte in ihrer Zelle.



      
 
 













Bild rechts:

Albin Tippmann
Rückkehrende von der Front
Münchner Hauptbahnhof
1918 
(Privatbesitz)
        Bild oben:
        Kaiser Wilhelm als Befehlshaber
        Hans Richter
        (Nachlass Hans Richter
        Kunsthaus Zürich)
     
     










Die friedliche Revolution und die Demokratisierung Bayerns in den
104 Tagen der Regierung Eisner

 
Die Unabhängige SPD (USPD) lädt für den 7. November 1918 zu einer Kundgebung auf die Theresienwiese ein, die Mehrheits-SPD schließt sich an. Um 15 Uhr beginnt die Kundgebung auf der Wiesn. Die Zahl der Teilnehmer/innen liegt je nach Quelle zwischen 40.000 und über 100.000 Menschen.
 
Die SPD mit dem Vorsitzenden Auer hält ihre Reden an der Bavaria. Die USPD beginnt zeitgleich unterhalb des Hackerbräu. Dort reden u.a. Kurt Eisner und der Bauern-führer Ludwig Gandorfer.
 
Danach formieren sich zwei Demonstrationszüge. Die SPD geht in einer großen Friedensdemonstration zum Friedensengel. Dort löst sie die Kundgebung auf.
 
Kurt Eisner, Ludwig Gandorfer, Felix Fechenbach, Hans Unterleitner ziehen mit Arbeitern und Soldaten zu den Kasernen und fordern die dort stationierten kriegsmüden Soldaten zum Mitgehen auf.
Unterwegs schließen sich immer mehr Menschen an. Die Soldaten der Türkenkaserne werden u.a. von Mühsam überzeugt mit zu gehen. Am Ende sind es Zehntausende, die zum Mathäserbräu marschieren. Dort wird das Standquartier der Arbeiter- und Soldatenräte eingerichtet. Damit dokumentiert sich der
Machtwechsel.
 
 
 
 
 
 
Aus Demonstration wird Revolution

Die Revolution geht kampflos und ohne Blutvergießen vor sich. Das ist deshalb möglich, weil fast alle Bevölkerungsschichten kein Vertrauen mehr in die alten Herrschaftsträger und deren Macht-apparate haben und das Regime dem Umsturz nichts entgegensetzen kann. Sicher hätte nur ein einziges zuverlässiges Bataillon genügt, der Revolution ein Ende zu setzen. Doch ein solches Bataillon gibt es nicht mehr!
 
Im Mathäser tagen die spontan entstandenen revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte. Sie wählen Kurt Eisner zu ihrem Vorsitzenden und ziehen dann zum Landtag. Kurz nach Mitter-nacht hält der neu gebildete „Arbeiter- und Soldatenrat“ im Sitzungssaal der Abgeordnetenkammer des Landtags an der Prannerstraße - unter der Leitung Kurt Eisners - seine erste Sitzung ab.
 
Kurt Eisner proklamiert die „demokratische und soziale Republik Bayern“! Die Monarchie ist damit gestürzt, die Republik geboren.
"Bayern ist fortan ein Freistaat“ lautet der dritte Satz eines Aufrufs, der am Morgen des 8.11.1918 auf der ersten Seite der „Münchner Neuesten Nachrichten“ veröffentlicht wird.
 
Bereits um 15:38 Uhr des 8. November tritt der „Arbeiter - und Soldatenrat“ zum provisorischen Nationalrat zusammen, um eine „Provisorische Bayerische Regierung“ zu wählen.
 
Schon am 5. Januar 1919 tritt das vorläufige Staats-Grundgesetz Bayerns in Kraft.
 
Noch vor Ende des ersten Weltkriegs durch den Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918 wird also am 8. November 1918 im alten Landtag in der Prannerstraße die Regierung Eisner gebildet.

Kurt Eisner und Hans Unterleitner (beide USPD) stehen vier Minister der Mehrheits-Sozialdemokraten und zwei Parteilose gegenüber. 

Vorsitzender des Gesamtministeriums (Ministerpräsident) und Minister des Äußeren wird Kurt Eisner, USPD;
Inneres: Erhard Auer, SPD;
Kultusminister und Vertreter des Ministerpräsidenten wird Johannes Hoffmann, SPD;
Militärische Angelegenheiten: Albert Roßhaupter, SPD;
Justiz: Johannes Timm, SPD;
Soziale Fürsorge: Hans Unterleitner, USPD;
Finanzen: Edgar Jaffé, parteilos (Professor an der Münchner
Handelshochschule);
Verkehr: Heinrich von Frauendorfer, parteilos (Vertreter der liberalen Ministerialbürokratie).

 
Mit der Regierung Eisner endet die Wittelsbacher Herrschaft, die
Militärdiktatur der Weltkriegsgeneräle, die Zensur von Presse und Kunst und die Schulaufsicht der Kirche.
 
Die Not der Bevölkerung und die Pein der traumatisierten und verwundeten Soldaten können allerdings nicht in den knapp
15 Wochen Regierungszeit beendet werden.
 
Deshalb gibt es Demonstrationen von heimkehrenden Soldaten,
Kriegsversehrten, Arbeitslosen und Hungernden. Es kommt zum Streit im Kabinett. Innenminister Auer ist für eine harte Linie gegenüber den "Rädelsführern". Er setzt sich nicht durch.
Gleichzeitig hetzen politische Gegner aus reaktionären und klerikalen Kreisen mit deutschnationalen und antisemitischen Parolen gegen Eisner.
 
Die Weltkriegsgeneräle setzen die Dolchstoßlegende in die Welt. Es beginnt ein Propagandafeldzug gegen die Revolution und die Regierungen in Bayern und Berlin.
 
Die SPD ist zwar die Mehrheitspartei in der bayerischen Regierung. Aber der SPD-Vorsitzende Auer arbeitet weiter massiv gegen Eisners politischen Weg.

Er begann damit schon vor der Revolution. So versicherte er z.B. dem königlichen Kabinett, dass die SPD eine konstitutionelle Monarchie anstrebe.
Eisners jüngste Tochter Ruth gab in Gengenbach (1968)
zum Revolutionstag 1918 folgendes Interview:



München, 7. November 1918:
"Meine Eltern riefen uns zu sich und sprachen mit uns wie zu Erwachsenen. Sie hätten Großes vor, den Krieg zu beenden und das Königtum zu stürzen. Wir sollten unbesorgt sein, wenn etwas passiert, sollten wir uns an den Großvater in Stuttgart wenden. Die Eltern kamen abends nicht zurück, dafür Arbeiter und die sagten: Mir ham'n Kini fortgejagt. Am nächsten Tag kam
unsere Mutter: Bayern ist jetzt Republik. Wir konnten uns darunter nichts vorstellen. Aber daß der König weg war, das haben wir verstanden."






Bild links: Demonstration auf der Theresienwiese am 7.11.1918

Bild oben:
Ankunft des Demonstrationszuges der USPD am Stachus/Mathäserbräu.



















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