Virtuelle Ausstellung


Diese Revolution ist nicht Demokratie!
Sie ist ein
entscheidender Schritt dorthin!

 
     Ausstellungskabinett 
   
Frauen und Männer der revolutionären 
demokratischen
Veränderungen 1918/19

Die Männer und Frauen der weitreichenden Veränderungen vor 100 Jahren stammen aus allen Schichten der Bevölkerung. Sogar ein unehelicher Sohn eines Wittelsbachers ist unter ihnen.
Bei der "Generalprobe" für die Revolution im November 1918, den Januarstreiks für den Frieden, sind viele Frauen und Männer dabei, die lange Jahre an den wöchentlichen Bildungstreffen der Arbeiterjugend und den monatlichen Sonntagstreffen bei Eisners teilgenommen haben.  

Wir fragen uns: Warum haben diese Persönlichkeiten nicht längst ein Denkmal in der Landeshauptstadt oder in anderen Städten Bayerns? Städte wie Paris zeigen uns, wie Erinnerungskultur geht. In Bayern dominieren das öffentliche Denkmalsbild Fürsten und Männer.
Untypisch und sehr bemerkenswert für die Zeitenwende hin zur Demokratie
ist die große Zahl von Frauen, die das Geschehen an entscheidender Stelle mitgestaltet haben.

Gerne nehmen wir auch weitere Frauen und Männer aus allen Teilen Bayerns in diese Liste auf, wenn wir Namen, Vitae und Bilder erhalten.

Kurt Eisner und Else Belli - ein modernes Leben in Mü-Hadern.

Belli ist am 29.10.1887 im Kanton Zürich geboren. Ihr Vater schmuggelt während der Sozialistengesetze Schriften nach Deutschland. Belli ist leitender Mitarbeiter des Stuttgarter Dietz-Verlages. SPD-Granden gehen bei Bellis aus und ein. Else kennt Bebel, Zetkin, Luxemburg schon als Kind. Weitere Politiker/innen lernt die aktive SPD-lerin auf der Parteischule in Berlin kennen.

Belli arbeitet als Journalistin. 1909 kauft sie mit Hilfe ihres Vaters in der Haderner Lindenalle 8 eine Villa. Die Wahl des Ortes ist geschickt. Hadern gehört damals nicht zu München. In der Villenkolonie gibt es tolerante Nachbarn und die königliche/n Polizei/Spitzel sind nicht nah wie in München.
Die Patchwork-Familie wohnt mit Bellis Kindern und zwei Kindern aus Eisners früherer Nürnberger Ehe unter einem Dach. Belli/Eisner führen während des Ersten Weltkriegs monatlich politische Sonntagstreffen durch (mehr dazu: weiter unten/linke Spalte).
Nach Eisners Ermordung und
Niederschlagung der Räterepubliken beginnt für sie Bespitzelung und Flucht aus Bayern zu ihren Eltern und später vor den Nazis nach Frankreich.
Belli ist am Ende getrennt von den Kindern. Am 17.6.1940 nimmt sie sich das Leben, als ihr im Exil die Nazis immer näher kommen.
oben:

K
urt Eisner
Geboren am 14. Mai 1867 in Berlin. Am 21. Februar 1919 von Graf Arco ermordet.

Studium der Philosophie/Germanistik in Berlin.

1892 Heirat mit Lisbeth Hendrich. Aus der Ehe gehen 5 Kinder hervor. Politischer Redakteur bei der Hessischen Landeszeitung in Marburg.

1987: Neun Monate Haft wg. eines angeblich majestätsbeleidigenden Artikels. Wilhelm Liebknecht holt Eisner zum PD-Organ Vorwärts.

1898 SPD-Eintritt. 1905 muss Eisner den Vorwärts aus politischen Gründen verlassen. Er steht politisch/philosophisch zwischen Kant und Marx. Dies wird ihm von der damals marxistisch orientierten Vorwärts-Redaktion übel genommen.

1906: Eisner lernt Else Belli kennen

1907: Chefredakteur der sozialdemokratischen "Fränkischen Tagespost" in Nürnberg.
Nürnberger Familie die bayerische Staatsbürgerschaft.

1910: Eisner zieht nach Hadern (heute München) zu Else Belli und den beiden Münchner Töchtern- Wird Mitarbeiter der "Münchner Post" und Parlamentsberichterstatter.

1914/15: Ist zunächst für Kriegskredite, schwenkt aber schnell um und führt pazifistischen Aufklärungskampf.

1914-16 Theaterkritiker bei der Münchner Post und Herausgeber des wöchentlichen Arbeiter-Feuilleton.

April 1917: Teilnahme am Gründungsparteitag der USPD.

1917: Scheidung von Lisbeth Hendrich und Heirat mit Else Belli.

Januar 1918: Organisiert die Januarstreiks und kommt in Haft. Die Mitorganisator/innen haben fast alle an den Diskossionsabenden der Arbeiterjugend und/oder an den Sonntagstreffen bei Eisners teilgenommen.

Eisner ist Kopf der Revolution vom 7.11.1018 und erster Ministerpräsident des Freistaats Bayern.

Solange Eisner lebt, verläuft die Revolution unblutig.


Sein Kabinett, eine Koalition aus Unabhängigen und Mehrheitssozialdemokraten setzt früher als die Reichsebene grundlegende demokratische und soziale Eckpunkte um.

Und: Im Gegensatz zu Friedrich Ebert bestreitet Kurt Eisner die Kriegsschuld Deutschlands nicht.
Felix Fechenbach (rechts). Geboren am 28.1.1894 in Mergentheim, am 7.8.1933 in Scherfede von Nazis ermordet.

1911 in einer Schuhwaren-Großhandlung beschäftigt und Mitglied des Handlungsgehilfenverbandes (die damalige Dienstleistungsgewerkschaft).
Ab 1912 Sekretär des Arbeitersekretariats in München und SPD Mitglied. Am 3.2.1914 gründet er mit zwei Dutzend Jugendlichen im kleinen Saal des Münchner Gewerkschaftshauses in der Pestallozzistraße die Jugend-Sektion des Sozialdemokratischen Vereins, org. die Arbeiter-Jugend-Bildungsveranstaltungen. Nimmt an Eisners Haderner Sonntagsgesprächen teil. 1917 beteiligt an der Gründung der USPD und 18 an der Revolution. Sekretär Eisners in der Staatskanzlei.

1922 Anklage wegen angeblichem Landesverrat. In einem Skandalprozess zu elf Jahren Zuchthaus verurteilt. Kommt 1924 frei, das Urteil wird teilweise aufgehoben. Arbeitet danach beim Dietz-Verlag und beim SPD-Organ Volksblatt.
1933 NS-Schutzhaft, bei Überführung ins KZ Dachau ermordet. 

Sarah Sonja Lerch
(Rechts). Geboren 1882 als Rabinowitz in Warschau, gestorben 1918 in München.

Mädchengymnasium in Warschau, Lehrerinnenprüfung 1899.
1901 bis 05: Uni Wien und Bern. Bis 1907 unterrichtet sie in Warschau und Odessa. Wird 1907 als Mitglied des Arbeiter- und Deputiertenrata Odessas inhaftiert. Flucht über Konstantinopel, Wien, Warschau nach FfM.
1908 Studium der Nationalökonomie in Gießen und Zürich.
1912 Promotion, heiratet Eugen Lerch. 1913 Umzug nach Mü.
Wird 1914 zur Pazifistin und Mitbegründerin der USPD. Nimmt an Eisners Sonntagsgesprächen in Mü-Hadern teil. Organisiert 1918 die Januarstreiks mit Eisner u.anderen. Wird deshalb inhaftiert.

Am 29. März wird Sarah Sonja unter dubiosen Umständen erhängt in der Gefängniszelle gefunden. Angebllich ermordet sie sich wegen Scheidungskummers. Fakt ist: ihr wird wochenlang ärztliche Hilfe wegen heftigsten Zahnschmerzen vorenthalten. Ihr Tod wird nie amtlich untersucht.


Richard Kämpfer,
geboren am 29.8.1884 in Posen,
starb 1966 in Cooperstown. 

Buchhalter, Schriftsteller, Journalist.
Mitglied im Handlungsgehilfenverband. Mann von Hewig Kämpfer, Trauzeuge bei Eisners Hochzeit in München Hadern.

Nimmt an Eisners Haderner Sonntagsgesprächen teil. Mitorganisator der Januarstreiks 1918, deshalb inhaftiert.

1918/19 Sekretär des Ministers für Soziale Fürsorge, Hans Unterleitner und Mitglied im Soldatenrat.
1932 Mitbegründer der Sozialistischen Arbeiterpartei und Bezirksvorsitzender Obb/Schwaben.

1933 Flucht wg. Nazis über Österreich, Schweiz nach Paris. Als die Nazis Frankreich besetzten emigriert er mit Tochter nach USA.
Hedwig Kämpfer. Geborene Nibler am 23.1.1889 in München.
Gestorben am 8. Juni 1947 in Paris.
Münchner Bäckerstochter. Kontoristin beim Zentralverband für Angestellte. Nimmt an Eisners Haderner Sonntagsgesprächen teil. Eng befreundet mit Eisner/Belli/Otto Graf. Mitbegründerin der USPD. Gehört 1918/19 dem Arbeiterrat und ist Richterin des Revolutionstribunals. Wie Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann versucht sie nach Ermordung von Kurt Eisner im Frühjahr 1919 zu deeskalieren und trägt dazu bei, dass das Revolutionstribunal keine Todesurteile ausspricht.

Am 1.5.1919 wird sie inhaftiert und erst nach der Wahl zur Stadträtin frei gelassen. Ab 1919 und bis 1924 Münchner USPD/SPD Stadträtin.
Flieht 1935 vor den Nazis nach Paris und schlägt sich mit Putzarbeiten durch. Wird 1940 von der Vichy-Regierung ins Internierungslager Gurs deportiert. 43 Flüchtlingslager Béguè.
1947 stirbt sie wegen eines defekten Gasofens, als sie endlich alle Dokumente für die Rückkehr nach München zusammen hat.

Die hochpolitischen monatlichen
Sonntagstreffen
bei Eisners
mit Bach und Beethoven

In den Ersten-Weltkriegs-Jahren finden laut Otto Graf bis zu den Januarstreiks 1918 in der Haderner Lindenallee 8 (heute München) Sonntagsgespräche bei Kurt Einer und Else Belli statt, in denen die Zukunft Bayerns nach Krieg und Monarchie diskutiert wird. Heute würde man das vielleicht "Denkfabrik" nennen.

Woher wissen wir das?
Otto Graf wird 1970 für eine Veranstaltung der Gewerkschaftsjugend "50 Jahre Enthüllung der Eisner-Gedenktafel im alten Gewerkschaftshaus" interviewt. Das Interview führt die Jugendgruppe der IG Druck und Papier München. Die Originalversion des Tonbandmitschnitts und eine von Graf überarbeitete autorisierte Textversion unterscheiden sich erheblich. Wir machen die z. T. sehr interessanten Streichungen Grafs
(rote Schrift) für die veröffentlichte Version als solche kenntlich.
In das Interview mit dem früheren Landtags-und Bundestagsabgeordneten Otto Graf wurden - soweit eindeutig feststellbar - nachträglich - die
[Vornamen] eingefügt.


Frage: Otto Graf, wo hast Du Kurt Eisner erstmals getroffen?

Auf einer Versammlung in München vor dem Krieg. Und dann 1917; ich glaube der Unterleitner war es, der mich zu einem Treffen in Eisners Haus nahe dem Waldfriedhof eingeladen hat. Großhadern gehörte damals noch nicht zu München, aber die Trambahn fuhr hin.

Worum ging es bei den Treffen?

Die damals wichtigen Fragen waren: Wie kann dieser mörderische Weltkrieg beendet werden? Wie sieht eine demokratische Republik ohne Kaiser und König aus? Wie kann ein Zusammenspiel von Parlament, Räten und Regierung aussehen? Was geschieht mit den mächtigen Industriemonopolen? Wir debattierten über die bessere Zukunft des Landes.
Umstritten war die Frage Zentralstaat oder Föderalismus. Wir haben nachgedacht und vorgedacht.

Wer gehörte zum Kreis dieser Vordenker/innen in Hadern?

Ich traf dort,
soweit ich mich erinnere, [Carl] Kröpelin, [Felix] Fechenbach, die Doktor Rabinowitz [Sarah Sonja Lerch], die jüngere ältere der Landauer-Schwestern [Betty], [??] Bartl, [Fritz] Schröder, die Kämpfers [Hedwig und Richard], [Hans] Unterleitner und Eisners ältere Tochter [Ilse].

Einmal war auch die
[Toni] Sender dabei, die ich später im Reichstag wieder traf. Auch so Verrückte wie die [Germaine] Krull waren bei diesen Treffen dabei, wenn sie zufällig bei der Belli zu Besuch waren.

Ich war nicht oft bei diesen Seminaren
(Zukunftsdebatten) bei Eisner. Ich war ja im Krieg an der Front. Erst als ich 1917 ins Allgäu versetzt wurde, konnte ich mich immer mal wieder davonstehlen, für einen Sonntag nach München verschwinden und bei diesen Treffen dabei sein.

Wie liefen diese Treffen bei Eisners ab?

Wenige von uns besaßen Räder, ich zum Beispiel hatte in München keines. Also begannen solche Treffen mit der Frage: Fährt heute die StraßenTrambahn oder müssen wir nach Großhadern laufen? Wenn eine Straßenbahn fuhr, schlenderten wir von dort möglichst unauffällig zu zweit oder zu dritt zu Eisners
Haus nach Holzapfelkreuth, sondern erst mal zum Ausflugslokal Holzapfelkreuth und von da an über Feldwege. Wir gingen wegen der Spitzel nie den direkten Weg.
Eine Vorauskommando hatte dann schon erkundet, ob ein Spitzel auf uns wartet
an der nächsten Ecke lauert


Im Gegensatz zu München konnte man die Vertreter der Obrigkeit in der dörflichen Umgebung Haderns gut erkennen. Die Militär- oder Polizeispitzel hatten dort weniger Möglichkeiten, sich zu verstecken.

Habt ihr Spitzel in Hadern gesehen?

Ja, aber ich - in Hadern - nicht.
Wir haben auch über solche Treffen nicht geredet. Denn: Polizei und Militär vermuteten schnell "Umsturz". Man saß schnell hinter den Gittern des Militärs ...


... und wie waren die Treffen?
Anders als ihr denkt! Zunächst haben Eisner und Belli
eine gute Stunde lang Musik gespielt ...

... welche Arbeiterlieder habt ihr bei Eisner gesungen?
(Otto Graf lacht:) Keine! Eisners haben klassische Musik vorgespielt. Er am schwarzen Klavier, die Belli hat Violine gespielt.
Anschließend haben sie abwechselnd kurze Vorträge über
die gespielten klassischen Bach- und Beethoven Stücke gehalten.

Sie hatten beide den Anspruch, dass zum Leben
nach dem Krieg und in einer demokratischen Zukunft auch die Teilhabe und das Verständnis der Arbeitenden an Kunst und Kultur gehört. Volksbildung war für sie Eisner immer großes Thema!

Danach haben Eisner und die Rabinowitz im Erkerzimmer etwa ein bis zwei Stunden
zu einem Thema doziert. Wir saßen um einen großen ovalen Tisch herum und bekamen starken schwarzen Tee, den wir am Samowar verdünnen konnten.

Bei der folgenden Debatte wurde durchaus auch gestritten. Eisner hat dann meist zugehört, hier und da einen Einwurf gesetzt und viel notiert ...

Hat Frau Eisner mitdiskutiert? 
Ja. Sie und Eisners Tochter [Ilse, aus erster Ehe] waren dabei. Immer mal wieder saßen dann für kurze Zeit auch die Mädchen der Eisners in der Runde. Gerne auf dem Schoß der erwachsenen Schwester
oder des Vaters.

Wie viele Leute waren bei diesen Veranstaltungen dabei?
Wir sind so mit 8-10 Personen  um einen großen ovalen Tisch gesessen. Die meisten kannten sich aus München.

Was hat Dich bei Eisners am meisten beeindruckt?
Er hatte eine große
großartige Bibliothek. Eisner war glänzender Rhetoriker. Die Rabinowitz auch. Er verstand es die "W-" Fragen zu formulieren, die sich die Anwesenden selbst beantworten konnten. Dieses Prinzip schärfte den Geist der Zuhörer. Und Spitzel hatten es nicht leicht mit ihm. Sie konnten ja schlecht die in der Luft liegenden Antworten notieren.

Eisner war grundehrlich bezüglich seiner Vergangenheit. Der Pazifist Eisner hielt nicht hinterm Berg, dass er 1914 für die Kriegskredite war. Der glühende Republikaner Eisner erzählte, dass er in jungen Jahren den Leuchter
auf dem Klavier zu Ehren des Kaisers ins Fenster der Berliner Wohnung gestellt hatte.

Eisner
war Familienmensch. Er
hat sich in seinem Haderner Nestchen sehr wohl gefühlt.

Hans Unterleitner. Geboren am 27.1.1890 in Freising.
Gestorben am 30.8.1971 in New York. Heiratet nach Eisners Tod dessen Tochter Ilse.
Schlosser, Autodidakt, Unteroffizier, Frontheimkehrer. Teilnahme an den Bildungsveranstaltungen der Mü. Arbeiterjugend und den Sonntagsgesprächen bei Eisners. Führt im Januar 1918 die Januarstreiks mit an und wird inhaftiert.
Ab 1908 und ab '20 SPD, '17 USPD. 1919-20 USPD Parteisekretär. Minister im Kabinett Eisner. 1922-33 SPD-Parteisekr. 1924-33 MdR.

1933-35 KZ-Dachau, danach polizeiliche Überwachung, erwerbslos.
Im Dezember 1935 Flucht in die Schweiz, bekommt Asyl aber keine Arbeitsgenehmigung. 1939 über Genua Emigration in die USA. Dort schlägt er sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch, u.a. als Portier. Vorstandsmitglied des German American Council for the Liberation of Germany from Nazism.
Hoegner will ihn in seinem Kabinett holen, Unterleitner kehrt aber nicht aus den USA zurück.
Betty Landauer 
Am 3. Dezember 1889 in Ansbach geboren.
Am 25. November 1941 wird sie von den Nazis ermordet.

Riemerschmidt Handelsschule, dann Buchhalterin u.a. bei der Großhandelsfirma Einhorn & Co in der Paul-Heyse-Straße 6 / späteres Merkur-Gebäude).
Ab 1914 Mitglied der Jugendsektion der SPD. Nimmt an Eisners Haderner Sonntagsgesprächen teil.
Ab 1917 Mitglied der USPD.
Arbert Lörcher berichtet, dass sie eine glänzende Rednerin war.

Mitorganisatorin der Januarstreiks 1918, deshalb inhaftiert.

Am 20. November 1941 wird sie mit tausend jüdischen Münchner/innen ins KZ Kaunas deportiert.
Sie wird im Fort IX ermordet.  
                                                                (Foto 1914)

Emilie Landauer (Kröpelin)


Am 27. März 1892 in Ansbach geboren.
Gestorben am 22. August 1978 in München.

Riemerschmidt Handelsschule, Buchhalterin.

Mitglied der Jugendsektion der SPD und Teilnehmerin an den Sonntagsgesprächen bei Eisners.
Kassiererin der Münchner USPD.

Gehört im Januar 1918 zu den Streikorganisatorinnen in München, wird inhaftiert.

Heiratet Carl Kröpelin und flieht mit ihm in die USA.
Lebt 29 Jahre im Exil in New York, bevor sie 1976 mit Carl Kröpelin nach München zurückkehrt.
Carl Kröpelin. Geboren am 12.9.1893 in Velgast/Preußen-Pommern. Gestorben 1977 in München.

Volksschule, Hauptgewerbeschule, Schlosserlehre, Schlosser, Dreher, Werkzeugmacher. 1912 SPD, später USPD Bezirksleiter München Süd. Mitglied der Jugendsektion der SPD und Teilnehmer an den Sonntagsgesprächen bei Eisners. Führt im Januar 1918 die Hurth-Beschäftigten in den Streik, wird inhaftiert.
Baut 1919 im Auftrag des Mü. Stadtrates und der Gewerkschaften die Erwerbslosen-Fürsorge auf und wird Leiter der Erwerbslosenzentrale München. Absolvent der ADA FfM.
Ab 1920 Sekretär des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes,
2. Geschäftsführer ab 1919. Nach Machtübernahme der Nazis entlassen, Handelsvertreter. Heiratet Emilie Landauer.
1944 von der Gestapo in die Arbeitslager Tiefenort und Apterode verschleppt, flieht in die USA.

1945 Oberregierungsrat, Ministerialrat im bayr. Arbeitsministerium und Münchner SPD-Stadtrat. Emigriert 1947 zum zweiten Mal nach USA und kehrt 1976 nach München zurück.     (Foto ca. 1915)
 
Fritz Schröder. Geboren am 3.1.1891 in Stendal.
Gestorben am 16. August 1937 in Hamburg.
 
Handlungsgehilfe. Geschäftsführer der Zentralstelle des Deutschen Handlungsgehilfen Verbandes von 1914 bis 1933.
SPD Mitglied 1909, zwischendurch USPD.
Teilnehmer an den Sonntagsgesprächen bei Eisners.

Mitorganisator der Januarstreiks im Januar 1918. Flieht als er sieht, dass alle Otrganisator/innen verhaftet werden, wird in Düsseldorf festgenommen und nach München ins Gefängnis überstellt.

War 1933 als Nachrücker für Kurt Löwenstein kurz MdR.

Emigriert 1933 in die Niederlande, kehrt "illegal" nach Deutschland zurück um Widerstand zu organisieren. Wird von der Gestapo verhaftet und zu Gefängnis verurteilt. Verbringt die Haft im sog. Polizeigefängnis, bekannt als KZ Fuhlsbüttel. Stirbt nach seiner Entlassung an den Folgen eines Verkehrsunfalls.
Germaine Krull. Am 29. November 1897 in Wilda/Ostpreussen geboren. Stirbt 1985 bei ihrer Schwester im hessischen Wetzlar.

Weltberühmte Fotografin (Sozial-, Erotik-, Werbe-, Modefotografie, Kriegsberichterstatterin), Direktorin des Bangkoker Hotels Oriental.
Bevor sie mit Mutter und Schwester Berthe 1912 nach München kommt, lebt sie in Bosnien, Rom, Paris, Monteux, Graz und Bad Aibling. Der Aufnahmeantrag an der Münchner Uni scheitert, weil sie keine Zeugnisse vorweisen kann, der Vater hatte sie selbst unterrichtet. Macht stattdessen Ausbildung an der Lehr und Versuchsanstalt für Fotografie (Rennbahnstraße nähe Wiesn).

Ist befreundet mit Else Belli und deren Tochter Freia. Ist bei den Sonntagsgesprächen bei Eisners dabei. Nimmt aktiv an der Revolution 1918 in München teil und wird 1920 deshalb des Landes Bayern verwiesen. Landet in Moskau, wird dort verhaftet und einer Scheinhinrichtung unterzogen. Dann Berlin, Amsterdam. Führt bis zu ihrem Tod ein unkonventionelles nomadisches Leben in Europa, Asien und Afrika.
Josef Breitenbach. Geboren am 3.4.1896 in München wird weltberühmter Fotograf. Gestorben am 7.10.1984 in New York. 
Weinhändlersohn. Vater ist Mitgründer der freireligiösen Gemeinde München. Oberrealschule, Chemikalienausbildung, Buchhalter.
Geht mit seinen Schwestern Sofie und Marie zu den Bildungsveranstaltungen der Jugendsektion der SPD.
Leistet 1916 Militärdienst, wird 1917 und 18 zum Industriedienst in Nürnberg und München verpflichtet. Beteiligt sich als überzeugter Pazifist am 7.11.1018 aktiv an der Revolution in München.

Übernimmt 1922 die elterliche Weingroßhandlung, die in der Weltwirtschaftskrise 1932 in Konkurs geht. Dann eigenes Fotoatelier und Anstellung ale Fotograf in den Kammerspielen.

1933 Flucht nach Paris wegen Verfolgung durch SA. Wird nach Kriegsbeginn interniert und flieht über Marseille nach New York.
Ab seiner Pariser Zeit sehr erfolgreich und anerkannt als Fotograf. Lehrauftrag an der Cooper Union for the Advancement of Sience an Art.
Viktoria Gärtner, geboren 1883
Ehefrau von Alfred, Gärtner Assistent der AOK
und
Agnes Losem, geboren 1894
Möbelpoliererin
waren Mitglieder des bayerischen Arbeiterrates.


Leider gibt es keine Vitae und keine Portraitfotos der beiden damals in München lebenden Frauen.
Wir haben deshalb "100 Jahre danach" (noch) keine Vorstellung wie sie ausgesehen haben.
Das war 2014 bei der Ausstellung "Die Freiheit erhebt ihr Haupt" des ver.di Kulturforums im Münchner DGB Haus bei der Revolutionärin Sarah Sonja Lerch ebenso. Inzwischen wurden von Cornelia Naumann und Günther Gerstenberg nicht nur Fotos gefunden. Wir kennen dank der Beiden heute Lerchs aufregende Lebensgeschichte. Wir hoffen, dass eines Tages auch bezüglich der beiden hier genannten Frauen gilt.
Januar 1918:
Die Friedensstreiks als "Generalprobe" 10 Monate vor der Revolution ...

 
Am 31. Januar 1918 treten Münchner Frauen und Männer von der Rüstungsfirma Krupp für Frieden in den Streik und marschieren zum "Schwabinger Bräu". Dort spricht Kurt Eisner.

Arbeiter/innen aus anderen Betrieben schließen sich an. Etwa 2.000 Streikende ziehen zu anderen "Rüstungsbetrieben". Die Streikenden nehmen eine von Kurt Eisner verfasste "Resolution" einstimmig an (siehe rechts).
 
Am Abend findet im "Mathäserbräusaal" eine Versammlung der Arbeiter/innen der "Bayerischen Flugzeugwerke AG" statt, bei der der SPD-Abgeordnete Erhard Auer spricht und "wilde Streiks" als "zwecklos und sinnwidrig" bezeichnet. Die Versammlung nimmt einen erregten Verlauf und muss wegen des "großen Lärms" zunächst beendet werden. Sie wird aber von den "Unabhängigen
Sozialdemokraten" umgehend wieder einberufen und eröffnet.
 
Als Redner treten Kurt Eisner und Sarah Sonja Lerch auf. Am Schluss wird auch der am Vormittag in der "Schwabinger Brauerei" gefasste Beschluss angenommen.
 
Kurt Eisner schrieb später: "Die revolutionärste Revolution, das war doch die vom 31. Januar. Damals stand Deutschland auf dem Gipfel seiner militärischen Macht, und wenn es uns damals gelungen wäre, die Massen aufzuregen und aufzurütteln zu jener Volksbewegung, wie sie uns damals schon vorschwebte, dann hätten wir noch einen Frieden haben können, in dem wir nicht auf Gnade und Ungnade dem Gegner ausgeliefert gewesen wären".

 
Chronologie vom Januar 1918 bis zur Revolution in Bayern

1. Februar 1918:
8.000 Münchner Arbeiter treten in den "Streik" und fordern "sofortige Friedensverhandlungen ohne annexionistische Ziele".
Kurt Eisner, der die Streikinitiative leitet, wird verhaftet.
Ebenso Sarah Sonja Lerch, Albert Winkler, Hans Unterleitner sowie Emilie und Betty Landauer und andere.
 
2. Februar 1918:
Auf der Theresienwiese treffen sich 6.000 Streikende. Auch am
3. Februar streiken nochmals 2.500 bis 3.000 Arbeiter/innen.
 
Eisner bleibt bis 14.10.1918 in Haft.
 
Er wird kurz vor der Reichtagswahl entlassen, "damit er als Kandidat Wahlkampf machen kann". Kaum entlassen, beginnt er wieder seine Arbeit gegen den bestialischen Krieg.

Seine engste Mitstreiterin Sarah Sonja Lerch wird am 29.3.1918 unter mysteriösen Umständen erhängt in einer Isolationszelle der Haftanstalt Stadelheim aufgefunden. Sie erlebt die Revolution nicht mehr.


Die friedliche Revolution
und die Demokratisierung Bayerns in den 104 Tagen
der Regierung Eisner

 
Die Unabhängige SPD (USPD) lädt für den 7. November 1918 zu einer Kundgebung auf die Theresienwiese ein, die Mehrheits-SPD schließt sich an. Um 15 Uhr beginnt die Kundgebung auf der Wiesn. Die Zahl der Teilnehmer/innen liegt je nach Quelle zwischen 40.000 und über 100.000 Menschen.
 
Die SPD mit dem Vorsitzenden Auer hält ihre Reden an der Bavaria. Die USPD beginnt zeitgleich unterhalb des Hackerbräu. Dort reden u.a. Kurt Eisner und der Bauern-führer Ludwig Gandorfer.
 
Danach formieren sich zwei Demonstrationszüge. Die SPD geht in einer großen Friedensdemonstration zum Friedensengel. Dort löst sie die Kundgebung auf.
 
Kurt Eisner, Ludwig Gandorfer, Felix Fechenbach, Hans Unterleitner ziehen mit Arbeitern und Soldaten zu den Kasernen und fordern die dort stationierten kriegsmüden Soldaten zum Mitgehen auf.
Unterwegs schließen sich immer mehr Menschen an. Die Soldaten der Türkenkaserne werden u.a. von Mühsam überzeugt mit zu gehen. Am Ende sind es Zehntausende, die zum Mathäserbräu marschieren. Dort wird das Standquartier der Arbeiter- und Soldatenräte eingerichtet. Damit dokumentiert sich der
Machtwechsel.


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Eisners jüngste Tochter Ruth gab in Gengenbach (1968) zum Revolutionstag 1918 folgendes Interview:
"Meine Eltern riefen uns zu sich und sprachen mit uns wie zu Erwachsenen.
Sie hätten Großes vor, den Krieg zu beenden und das Königtum zu stürzen. Wir sollten unbesorgt sein, wenn etwas passiert, sollten wir uns an den Großvater in Stuttgart wenden. Die Eltern kamen abends nicht zurück, dafür Arbeiter und die sagten: Mir ham'n Kini fortgejagt. Am nächsten Tag kam unsere Mutter: Bayern ist jetzt Republik. Wir konnten uns darunter nichts vorstellen. Aber daß der König weg war, das haben wir verstanden."


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Aus der Demonstration
wird Revolution

Die Revolution geht kampflos und ohne Blutvergießen vor sich. Das ist deshalb möglich, weil fast alle Bevölkerungsschichten kein Vertrauen mehr in die alten Herrschaftsträger und deren Macht-apparate haben und das Regime dem Umsturz nichts entgegensetzen kann. Sicher hätte nur ein einziges zuverlässiges Bataillon genügt, der Revolution ein Ende zu setzen. Doch ein solches Bataillon gibt es nicht mehr!
 
Im Mathäser tagen die spontan entstandenen revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte. Sie wählen Kurt Eisner zu ihrem Vorsitzenden und ziehen dann zum Landtag. Kurz nach Mitter-nacht hält der neu gebildete „Arbeiter- und Soldatenrat“ im Sitzungssaal der Abgeordnetenkammer des Landtags an der Prannerstraße - unter der Leitung Kurt Eisners - seine erste Sitzung ab.
 
Kurt Eisner proklamiert die „demokratische und soziale Republik Bayern“! Die Monarchie ist damit gestürzt, die Republik geboren.

"Bayern ist fortan ein Freistaat" lautet der dritte Satz eines Aufrufs, der am Morgen des 8.11.1918 auf der ersten Seite der "Münchner Neuesten Nachrichten" veröffentlicht wird.

Bereits um 15:38 Uhr des 8. November tritt der „Arbeiter - und Soldatenrat“ zum provisorischen Nationalrat zusammen, um eine „Provisorische Bayerische Regierung“ zu wählen.
 
Schon am 5. Januar 1919 tritt das vorläufige Staats-Grundgesetz Bayerns in Kraft.
 
Noch vor Ende des ersten Weltkriegs durch den Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918 wird also am 8. November 1918 im alten Landtag in der Prannerstraße die Regierung Eisner gebildet.
 
Vorsitzender des Gesamtministeriums (Ministerpräsident) und Minister des Äußeren wird Kurt Eisner, USPD;
Inneres: Erhard Auer, SPD;
Kultusminister und Vertreter des Ministerpräsidenten wird Johannes Hoffmann, SPD;
Militärische Angelegenheiten: Albert Roßhaupter, SPD;
Justiz: Johannes Timm, SPD;
Soziale Fürsorge: Hans Unterleitner, USPD;
Finanzen: Edgar Jaffé, parteilos (Professor an der Münchner
Handelshochschule);
Verkehr: Heinrich von Frauendorfer, parteilos (Vertreter der liberalen Ministerialbürokratie).

Kurt Eisner und Hans Unterleitner (beide USPD) stehen vier Minister der Mehrheits-Sozialdemokraten und zwei Parteilose gegenüber.
 
Mit der Regierung Eisner endet die Wittelsbacher Herrschaft, die
Militärdiktatur der Weltkriegsgeneräle, die Zensur von Presse und Kunst und die Schulaufsicht der Kirche.
 
Die Not der Bevölkerung und die Pein der traumatisierten und verwundeten Soldaten können allerdings nicht in den knapp
15 Wochen Regierungszeit beendet werden.
 
Deshalb gibt es Demonstrationen von heimkehrenden Soldaten,
Kriegsversehrten, Arbeitslosen und Hungernden. Es kommt zum Streit im Kabinett. Innenminister Auer ist für eine harte Linie gegenüber den "Rädelsführern". Er setzt sich nicht durch.
Gleichzeitig hetzen politische Gegner aus reaktionären und klerikalen Kreisen mit deutschnationalen und antisemitischen Parolen gegen Eisner.
 
Die Weltkriegsgeneräle setzen die Dolchstoßlegende in die Welt. Es beginnt ein Propagandafeldzug gegen die Revolution und die Regierungen in Bayern und Berlin.
 
Die SPD ist zwar die Mehrheits-partei in der bayerischen Regierung. Aber der SPD-Vorsitzende Auer arbeitet weiter massiv gegen Eisners politischen Weg.
Er begann damit schon vor der Revolution. So versicherte er z.B. dem königlichen Kabinett, dass die SPD eine konstitutionelle Monarchie anstrebe.
 

Aus der Revolution
wird Demokratie
Heinrich Mann. Geboren am 27. März 1871. Gestorben am 11. März 1950 in Santa Monica.
Lernt und arbeitet zunächst in einer Buchhandlung, volontiert beim S. Fischer Verlag in Berlin. Verbringt vor seiner Flucht vor den Nazis die meiste Zeit seines Lebens in München.

Der Ältere der Mann-Brüder ist ein hochpolitischer Kopf. Hat wichtigen Einfluß auf seine Patenkinder Erika und Klaus.
Arbeitet ab 1912 an seinem Roman Der Untertan. Ein Vorabdruck in einer Zeitschrift fällt der Zensur zum Opfer. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wird die Verbreitung des Werkes komplett unterbunden.

Heinrich Mann ist aktiv bei der Revolution 1918 in München dabei. U.a. als Mitglied des Aktionsausschusses revolutionärer Künstler. Hält die vielbeachtete Trauerrede zur Beisetzung Kurt Eisners: "Die 100 Tage der Regierung Eisner haben mehr Ideen, mehr Freuden der Vernunft, mehr Belebung der Geister gebracht als die 50 Jahre vorher."
Engagiert sich in der Weimarer Republik gegen die Nazis und steht auf deren Schwarzer Liste. Wird 1933 aus der Preußischen Akademie geworfen. Flieht 1933 über Paris, Nizza, Spanien und Portugal in die USA. Seine Bücher werden von den Nazis verbrannt.

Toni Pfülf
Geboren am 14.12.1877 in Metz, gestorben am 8.6.1933 in München. Vater ist Offizier, Mutter steht dem Haushalt vor.

Besucht die Höhere Töchterschule in München. Als sie 1902 in den Schuldienst eintritt, kommt es zum endgültigen Bruch mit den Eltern. Sie tritt der SPD bei. Arbeitet als Lehrerin in Oberammergau, Peiting und München-Milbertshofen und 1916 bis 1918 als Armen- und Waisenpflegerin in München.
War 1918/19  im Arbeiter- und Soldatenrat Münchens.

SPD Mitglied und gehörte vom Januar 1919 bis 1920 der Weimarer Nationalversammlung an. Setzte 1919 mit Marie Baum (DDP) und Clara Mende (DVP) die Abschaffung des Lehrerinnenzölibat durch.

Sieben Mal wird Antonie in den Reichstag gewählt. Ist bis zum Tod Reichstagsabgeordnete und stimmt gegen das Ermächtigungsgesetz. Tags drauf verschärft sich der Nazi-Terror. Sie will nicht emigrieren und nimmt eine Überdosis Schlaftabletten. Die Nazis lassen keine Trauerfeier zu.
Gustav Landauer. Geboren am 7.4.1870 in Karlsruhe.
Am 2.5.1919 im Gefängnishof München-Stadlheim vom Ulanan Eugen Digele unter General von Oven bestialisch ermordet.

Landauer ist Dramaturg, Kulturphilosoph. Vertritt den kommunistischen Anarchismus und den Anarchopazifismus. Bekannt ist er als Übersetzer von Shakespeare-Texten.


Wenige Tage nach der Revolution lädt ihn Eisner nach München ein: "Was ich von Ihnen möchte, ist, daß Sie durch rednerische Betätigung an der Umbildung der Seelen mitarbeiten.“ Nach Eisners Ermordung eskaliert der Streit um die Frage "Rätesystem" oder "Parlamentarismus". Als am 7.4.19 die 1. Münchner Räterepublik gegen die gewählte Regierung Hoffmann ausgerufen wird, wird Landauer Beauftragter für Volksaufklärung. Seine erste Amtshandlung ist, die Prügelstrafe an Schulen abzuschaffen. Nach wenigen Tagen beenden Kommunisten diesen Räteversuch und rufen die Zweite Räterepublik aus. Landauer zieht sich zurück. Am 16.4.1919 schreibt er an die neue Führung: „Ich habe mich um der Sache der Befreiung und des schönen Menschenlebens willen der Räterepublik zur Verfügung gestellt (...) Inzwischen habe ich Sie am Werke gesehen, habe Ihre Aufklärung, Ihre Art den Kampf zu führen, kennengelernt. (...) Ich stelle also fest – was schon vorher kein Geheimnis war – dass die Abneigung gegen eine gemeinsame Arbeit gegenseitig ist.
Anita Augspurg. Geboren am 22.9.1857 in Verden (Aller). Gestorben am 20.12.1943 in Zürich.
 
Stammt aus gutbürgerlicher Familie. Lehrerinnenseminar in Berlin, Lehramts-Staatsprüfung und Turnlehrerinnen-Examen, Schauspielunterricht. Arbeitet als Schauspielerin.
Erlernt das Fotografinnenhandwerk und eröffnet mit Sophia Goudstikker Fotoateliers in München und Augsburg. Selbst der König ließ sich dort ablichten. Dann Rechtswissenschafts-Studium in Zürich. Erste promovierte Juristin Deutschlands, im Kaiserreich ist dieses Studium für Frauen nicht möglich.

Neben Rosa Luxemburg zählt sie zu den Mitgründerinnen des Internationalen Studentinnenvereins. Augspurg und ihre zweite Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann werden in den Vorstand des Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine gewählt. Augspurg gibt Zeitschriften für Frauenstimmrecht heraus. Während des Ersten Weltkriegs nehmen Heymann und Augspurg an Frauen-Friedenskonferenzen teil und halten illegale Versammlungen in ihrer Münchner Wohnung ab. Sie verbreiten Flugschriften gegen der Krieg. Augspurg kooperiert nach der Revolution mit Eisner.

Augspurg und Heymann wohnen von 1916 bis zur Flucht vor den Nazis (in die Schweiz) in Icking.
Erich Mühsam. Geboren am 6.4.1878 in Berlin.
Ermordet am 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg.
Anarchistischer Schriftsteller, Journalist, Publizist, Antimilitarist.

Humanistisches Gymnasium aus dem er wg. sozialistischer Umtriebe fliegt. Apothekerlehre, -gehilfe in Lübeck, Blomberg und Berlin. Arbeitet ab 1901 in Berlin als Schreibender. Redakteur bei Der arme Teufel und Der Weckruf. Mitglied der Künstlervereinigung Die Kommenden.

Ab 1909 München. Gründet die Gruppen Tat und Anarchist. 1910 wegen Geheimbündelei verhaftet, freigesprochen. Mitarbeiter des Simplicissimus und der Jugend. Herausgeber der Zeitschrift Kain. Ist am Monte Verità. Heiratet Zenzl Mühsam, geb. Elfinger. 1918 wg. pol. Betätigung und Verweigerung des Vaterländischen Hilfsdienstes 6 Monate Festungshaft.

Aktiv beteiligt an der Revolution am 7./8. November 1918. Aktivist der Ersten Räterepublik, an der er maßgeblich beteiligt ist. Dafür 15 Jahre Festungshaft, wird nach 5 Jahren begnadigt.

In der Nacht des Reichstagsbrandes von den Nazis verhaftet und am 10. Juoli 1934 von der SS im KZ Oranienburg ermordet.
Gertrud Baer. Geboren am 25. November 1890 in Halberstadt.
Gestorben am 15. Dezember 1981 in Genf. Kinderlos und ledig.

Wächst in Hamburg in einer großbürgerlichen Bankiersfamilie auf, bekommt Kontakt zu Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann.  Arbeitet zunächst als Journalistin und Lehrerin in Hamburg, Leipzig und München. Zieht während des Ersten Weltkriegs nach München und ist nach der Revolution bis 7. April 1919 Referatsleiterin für Frauenrecht  im Bayerischen Ministerium für Soziale Fürsorge. 
1921 Beitritt in die Internationale Frauenlige für Frieden und Freiheit. 1924 Mitherausgeberin des Aufrufs an Wissenschaftler/innen ihre Arbeit nicht in den Dienst des Militärs zu stellen. 1929-46 Co-Präsidentin des IFFF.

Ab 1933 Schweizer Exil. 1940-45 New York. Ab 1945 vertritt sie die IFFF und die Internationale Liga für Menschnrechte in Genf bei den Vereinten Nationen. Wirkt nach dem Zweiten Weltkrieg für die Deutsch Französische Annäherung und organisiert ein Wiederaufssrstungsprogramm im Norfen Frankreichs.

Studiert im Lauf des Lebens an deutschen, schweizerischen und amerikanischen Unis politische Ökonomie, Völkerrecht, Musik und Sprachen.



 
Ernst Toller. 1893 Geboren in Samotschin /zwischen Danzig und Stettin.Nimmt sich im NY Exil am 22.5.1939 das Leben.
Dramatiker, literarischer Expressionist

Abitur, Jurastudium in Grenoble. Meldet sich als Freiwilliger für den 1. Weltkrieg. Wird 1917 aus gesundheitlichen Gründen vom Militärdienst freigestellt. Trifft Eisner und geht nach München, setzt sein Studium fort. Nimmt vermutlich an Sonntagsgesprächen bei Einsners teil und beteiligt sich an den Januarstreiks. Wird deshalb inhaftiert und in die Psychiatrie gesteckt.

Nach der Revolution am 7./8. November 1918 wird er zweiter Vorsitzender des Zentralrats der Räte, nach Eisners Ermordung Vorsitzender der bayerischen USPD. In der Räterepublik ist er Vorsitzender des Zentralrats der Räte und Dachauer Abschnittskommandant der Roten Garde.

Nach Zerschlagung der Räterepublik wird er zu 5 Jahren Festungshaft verurteilt. Schreibt dort u.a. das Drama Masse Mensch. Nach der Haft wird er aus Bayern ausgewiesen, zieht nach Berlin. 1933 Ausbürgerung durch die Nazis, Exil in London und NY. Engagiert sich von dort aus gegen Faschismus. Die Nazis verbrennen seine Bücher.

Emilie Maurer 

Geboren am 9. September 1863 in Geroldsgrün/Naila.
Gestorben am 17. Dezember 1924 in München.

Wächst im Fichtelgebirge unter ärmlichsten Bedingungen als Gänse- und Ziegenhüterin auf.
Kommt als Kindermädchen nach München.

Dort Lehre als Damenschneiderin und Fortbildungsschule.
Wird bereits vor 1890 in der Zeit des Sozialistengesetzes  agitatorisch tätig.

Gründet den Arbeiterinnen-Bildungsverein
und den Münchner Hausangestellten-Verband. 
Vorsitzende des sozialdemokratischen Frauenvereins in München.

Nach der Revolution am 7. November 1918 Mitglied des provisorischen Nationalrats. Wird 1919 für die SPD in den Landtag gewählt

Fritz Schaefler. Geboren am 31.12.1888 um Mitternacht in Eschau (UFR). Gestorben 1954 im Bergischen Land.
Gymnasium in Aschaffenburg und Landshut. Einjährige Militärausbildung, Polytechnische Hochschule und Kunstakademie München. Kann sich diese drei extrem teuren parallelen Ausbildungen leisten, weil ein Wittelsbacher sich mit einer Köchin "eingelassen" hatte. Als Folge dieses "Unfalls" gibt es bis zur Revolution 1918 eine Stiftung, die den Schaefler-Nachfahren Privilegien einräumt.

Schaefler wird im Krieg nahe Verdun lebensbedrohlich verwundet.

Schließt sich in München den Pazifisten/Sozialisten um Kurt Eisner an und ist aktiv an der Revoluion beteiligt. Steht in engem Kontakt zu Klee, Heckel, Heinrich Mann, Feininger, Kaiser, Campendonk, OM Graf, Kubicki, Mühsam, Felixmüller, Wölfflin, Butting, Hansen, Davringhausen, Wach, Scherpenbach, Schrimpf, Rilke, Grünthal, Richter, Stiemer, Stückgold, Westheim, Klingelhöfer, Wolfenstein u.v.a.m.
Schaeflers Werke werden 1937 von den Nazis als "entartet" eingestuft, aus Museen entfernt und teils vernichtet. Malverbot!
Rosa Kempf. Geboren am 8. Februar 1874 in Birnbach.
Gestorben am 3. Februar 1948 in Wixhausen.

Ausbildung an der Königlichen Kreislehrerinnenbildungsanstalt in München. Danach als Lehrerin tätig; ab 1900 in München. Holt das Gymnasial-Absolutum nach und studiert ab 1905 Philosophie und Staatswissenschaften an der Uni München. Promotionsthema 1911: "Das Leben der jungen Fabrikarbeiterinnen im Alter von 14-18 Jahren". Nach leitenden Arbeitsstellen in FfM und Düsseldorf kehrt sie nach München zurück und engagiert sich im Hauptverband der bayerischen Frauenvereine. Kempf begrüßt die Revolution und wird von der Regierung Eisner neben Anita Augspurg, Aloisia Eberle, Hewig Kämpfer, Luise Kesselbach, Emilie Mauerer, Helene Sumper und Marie Sturm in den "Provisorischen Nationalrat" berufen.

Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei wird sie 1919 in den ersten frei gewählten Landtag des Freistaats gewählt.

1923 übersiedelt sie nach FfM. Kempf ist entschiedene Nazi-Gegnerin und steht ab 1923 auf der schwarzen Liste der NSDAP. Nach der Machtübernahme wird sie aller Ämter enthoben.

Constanze Hallgarten. Geboren am 12.9.1881 in Leipzig. 
Gestorben am 25. September 1969 in München.
Frauenrechtlerin, Pazifistin.

Besucht in Leipzig die Höhere Mädchenschule. Heiratet Robert Hallgarten. Hallgartens pflegen in ihrer repräsentatives Villa im Mü Stadtteil Herzogpark in Nachbarschaft von Manns, Bruno Walter gehobenen Lebenstil. Trotzdem erkennt sie die sozialen Missstände im München der 20er und 30er Jahre und betätigt sich karitativ. Sie tritt für Gleichberechtigung und Frauenwahlrecht ein.

Ab 1917 beteiligt sie sich am Aufbau des "Internationalen Frauenausschusses", der späteren IFFF. Von 1919 bis 1933 ist sie deren Leiterin und aktive Pazifistin. Warnt früh vor den Nazis und steht ab dem Hitlerputsch auf den Schwarzen Listen der Nazis. Nach der Machtübernahme der NSDAP emigriert sie über Zürich, Paris, Marseille in die USA. Kehrt 1955 in ein Wohnstift nach München zurück und engagiert sich bis zum Tod in der IFFF.
 
 
Ernst Niekisch. Geboren am 23. Mai 1189 in Trebnitz.
Gestorben am 23. Mai 1967 in Berlin. Schillernder Lebenslauf.
Kommt 1891 nach Nördlingen. Wird Volksschullehrer.

1908 Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger. Während des Ersten Weltkriegs: Rekrutenausbildung. 1917 SPD-Mitglied. 1918/19 Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates. 1919 bis 1922 Mitglied der USPD und Landtagsmitglied/Bayern. Hätte in seiner Vorsitzenden-Funktion nach Eisners Ermordung eine zentrale Orientierungsrolle zwischen Parlament, Regierung, Räten und Parteien gehabt, ist dieser nicht nachgekommen.

Legt 1923 alle Mandate nieder und wird Sekretär des Textilarbeiterverbandes in Berlin. Kämpft in den Folgejahren gegen eine Machtübernahme Hitlers, entwickelt aber gleichzeitig antisemitische und nationale Thesen. 1937 wird er wg. konspirativer Tätigkeit von der Gestapo verhaftet und 1939 zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Sitz im Zuchthaus Brandenburg ein, bis die Allierten Berlin befreien. Nach 1945 wird er Mitglied der KPD, später der SED und sitzt 1949 in der ersten Volkskammer der DDR. Nach dem 17.6.1953 legt er alle politischen Ämter nieder, tritt 1955 aus der SED aus und siedelt 1963 nach West-Berlin über.



Max Levien. Geboren am 21. Mai 1885 in Moskau. Ermordet am 16. Juni 1937  in der Sowjetunion.

Wurde als Sohn eines Mecklenburger Großkaufmanns geboren. Gymnasium in Moskau und Meißen. 1995 Studienbeginn und Beteiligung an der runnischen Revolution. 1907/08 Gefängnisstrafe in Moskau. Danach Studium in Zürich, 1903 Promotion. Danach deutsche Staatsbürgerschaft. Meldet sich am 29. Oktober 1913 freiwillig zum bayerischen Infanterie-Leibregiment und dient bis 1918.

Befindet sich in scharfer Opposition zur USPD-Politik Kurt Eisners. Arbeitet eng mit Mühsam zusammen, wird Vorsitzender des Münchner Soldatenrates. Gründete nach Niederschlagung des sog. Palmsonntagsputsches mit Levinè die Zweite Räterepublik.

Nach Niederschlagung der Räterepublik flieht er nach Wien und geht 1921 nach Moskau. Hat an der Uni Moskau Lehrstuhl für Geschichte und Philosophie. Wird 1937 zu Zwangsarbeit, später zum Tod verurteilt. Er wird am Tag nach Urteil erschossen.
  Hilde Kramer. Geboren am 11. April 1900 in Leipzig. Gestorben am 17. Februar 1974 in Otley.
Früh verwaist, wächst bei ihrer Schwester Frida auf. Ab 1910 Pflegekind von Gabriele Kaetzler. Oskar Maria Graf beschreibt sie als "da hünenhafte Mädchen mit Tituskopf".

Schließt sich am 7.11.1918 dem Demonstrationszug Erhard Auers an und ist zunächst verzweifelt, dass nichts passiert.
Ab 8. Januar ist die Sekretärin Eglhofers.

Am 10.Januar 1918 gehört sie mit Max Levien, Josef Sontheimer, Eugené Levine und Erich Mühsam zu einer Gruppe, die vom Innenministerium in der Justizvollzugsanstalt München festgehalten wird. Eglhofer interveniert bei Eisner, das Kabinett setzt die Gruppe auf freien Fuß.
Sie ist bei der 2. Räterepublik ab 13. April 1919 voll dabei. Sie flieht nach Niederschlagung der Räterepublik zu Fuß nach Riederau und wird dort festgenommen. Sie wird vom Standgericht ans Volksgericht überwiesen, dort freigesprochen. Aus Bayern ausgewiesen geht sie über Leipzig und Berlin nach Moskau.

Zurück in Berlin heiratet sie den britisch-irischen Kommunisten Edward Fitzgerald und bekommt mit ihm ein Kind. 
 
Bild.unten: Demonstration im April 1919
(Leonhard Eckertsperger)

Eugene Levinè. Geboren am 10. Mai 1893 in St. Petersburg. Hingerichtet am 5. Juni 1919 in München.
  
Sohn einer Kaufmannsfamilie, übersiedelt mit der geschiedenen Mutter in Wiesbaden und Mannheim. Jurastudium ab 1903 in Heidelberg und Berlin. 1905 kehrt er zur Agitation nach Russland zurück und wird Teilnehmer der russischen Revolution von 1905. Wird dort 1906 und 1908 verhaftet und schwer misshandelt.

Von seiner Mutter freigekauft, geht er nach Heidelberg, studiert Nationalökonomie und promoviert. Er wird 1913 badischer Staatsbürger und heiratet 1915. Während des Ersten Weltkrieges ist Leviné Dolmetscher in einem Kriegsgefangenenlager und wird danach zum Heer eingezogen. 1916 wird er entlassen und schließt sich der USPD an. Der Mitbegründer des Spartakusbundes schließt sich der KPD an. Mitte März 1919 wird er von der KPD-Zentrale nach München geschickt.
Gründet dort die 2. Räterepublik und taucht nach Niederschlagung der Räterepublik unter. Wird am 13. Mai verhaftet und am 3.6. wegen Hochverrat zum Tod verurteilt. In seiner verteidigungsrede sagt er: "Wir Kommunisten sind alle Tote auf Urlaub". 
Über die Rätefrage
gibt es unterschiedliche Vorstellungen.

Für Kurt Eisner ist der Rätegedanke ein Mittel der Erziehung der Bevölkerung zur Demokratie und eine Bürgerbeteiligung am politischen Geschehen. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Er betrachtet die Räte als eine beratende und kontrollierende Instanz gegenüber einem Parlament. Er will den Räten jedoch auf Dauer keine legistative oder exekutive Gewalt übertragen.

„Die Revolution ist nicht die Demokratie. Sie schafft erst die Demokratie“, sagte Kurt Eisner.

 
Lida Gustava Heymann. Geboren am 15.3.1868 in Hamburg.
Gestorben am 31.7.1943 in Zürich. Sie wird vom sehr vermögenden Vater testamentarisch zur Vermögensverwalterin bestimmt. Das wird von Behörden verweigert. Die 28jährige geht dagegen erfolgreich gerichtlich vor. Sie schließt sich dem radikalen Flügel der Frauenbewegung an, weil sie einen naturgegebenen Unterschied zwischen den Geschlechtern bestreitet.

Mäzenin von Frauenzentren. Mitgründerin des ersten deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht, für ein nicht entmündigendes Familienrecht und die Abschaffung des § 218. 1888 rezipiert sie August Bebels "Die Frau und der Sozialismus". Während des Ersten Weltkriegs Teilnahme an Frauen-Friedenskonferenzen. Heymann und Augspurg halten illegale Versammlungen in ihrer Münchner Wohnung ab. Sie verbreiten Anti-Kriegs-Flugschriften.

Spricht sich gegen nationalistischen Wahn aus und wird aus Bayern ausgewiesen. Augspurg und Heymann fordern 1923 die Ausweisung Hitlers aus Deutschland. Sie warnen vor Kriegsgefahr und Pogromen und kommen deshalb auf die Schwarze Liste der NSDAP. 1933 flüchten sie ins Schweizer Exil. Ihre Aufzeichnungen und Bibliothek wird von den Nazis vernichtet.
  
 
  Otto Graf. Geboren am 8. März 1892 in Zamdorf. Gestorben am
1. September 1971 in München. Sohn eines Ziegeleibesitzers.
Besucht nach Gymnasium ein Lehrerseminar. Arbeitet danach als Lehrer. Ist nach der Militärzeit ab 1917 einige Male bei Eisners Sonntagsgesprächen dabei. Von ihm weiß man näheres über diese Diskussionsveranstaltungen. Er ist befreundet mit Kämpfers und begleitet (soweit es seine Gesundheit erlaubt) die 100 Tage der Regierung Eisner. Ist an der Zweiten Räterepublik aktiv beteiligt.
 
Von 1920 bis 1923 ist er Mitglied des bayerischen Landtages und bis 1921 KPD-Fraktionsvorsitzender. Das nebenstehende Bild stammt aus seinem Landtagsabgeordnetenausweis.

Wird 1921 aus der KPD ausgeschlossen und tritt der SPD bei. Arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Während der Nazi-Zeit hat Graf Berufsverbot und ist mehrmals in Haft.
Zwischen 1945 und 1948 ist er (zuletzt als Ministerialrat) im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus für Volksbildungswesen zuständig. 1946 und '47 Staatskommissar für die Universität München. Von 1949 bis 1953 vertritt er einen Münchner Wahlkreis für die SPD im Bundestag. Wird 2013 mit DDR-Spionage in Verbindung gebracht.
 
  Zenzl Mühsam. Als Gastwirtstochter am 27.7.1884 in der Hallertau geboren. Gestorben am 10. März 1962 in Ost-Berlin.

Gleichberechtigte kühne Gefährtin Erich Mühsams mit Löwinnenmut und bayerischem Dickkopf. Ist am 7.11.1918 mittendrin im Münchner Revolutionsgeschehen. Begleitet politisch engagiert die Tage der Eisner-Regierung, die zwei Räterepubliken nach Eisners Ermordung und erlebt deren blutige Niederschlagung 1919. Sie kämpft unermüdlich für Erich Mühsams Freilassung.

Als die Nazis ihren Mann ins KZ bringen, schafft sie wichtige Unterlagen und Manuskripte vor den Nazis beiseite. Sie flüchtet an dem Tag, an dem Erich begraben wird mit seinem Nachlass über Prag in die Sowjetunion. Ziel: sein Werk zu retten. Am Ende hat die Sowjetunion die Autorenrechte, sie landet in stalinistischen Lagern. Die Zeit schreibt: Zenzl Mühsam war zur Zeit, da ihrem (toten) Mann Ehrungen zuteil wurden, noch in stalinistischen Lagern inhaftiert, in denen sie 20 Jahre ihres Lebens verbracht hat.

Sie geht nach ihrer Freilassung in die DDR und versucht dort, Autorenrechte für Mühsams Werk aus der Sowjetunion zu bekommen. Das gelingt ihr nur teilweise.